Abb.: Google Bildfunde bei Eingabe "Marketing"
Wie so viele nach Bedeutung strebende Fachdisziplinen spannt auch das Marketing mit vielerlei Literatur, Diagrammen und Verhaltensregeln ein verfängliches Netz aus akademisch durchkonstruierten Bögen über eine im Kern recht erdnahe Tatsache: Die, dass gutes Marketing in seinen Grundzügen bereits mit ausreichend gesundem Menschenverstand möglich ist ...
Die Macht der Phrasen - oder Warum Marketing einen fragwürdigen Ruf hat
Lohnender Blick hinter die Fassade
Wer genauer hinhört/-sieht, kann gerade auch im Marketing Interessantes entdecken: eine nicht selten bedeutungs-überhöhende Sprache (Anglizismen, kryptische Fachtermini, > siehe auch "Manager-Phrasen" auf SPIEGEL ONLINE), vielerlei "garantierte Erfolgsrezepte" ("1000 Tipps" z.B. bei amazon), eine erfindungsreich vermehrte Varianz an "Marketing-Tools" (BSC, CA, Kano, PLP, Zanuk, BCG, MDF, HotAir, USW, ... ), sowie eine häufig nur lokal agierenden Spezies von selbsternannten "Marketing-Profis" (vereinzelt sogar "-Päpsten"), die sich interessanterweise vom ungelenk Fachlichen sehr schnell ins virtuos Gesellige verwandeln kann (> aktives Customer Relationship Management, kurz CRM, oft beim Essen, Golf, Tennis, in Marketingclubs oder Nachtbars ... ). Mit Gruß an die Gattin.
Wo Erklärungsmodelle fehlen, bastelt man sich eines
Dass es all dies in den buntesten Ausprägungen gibt, liegt u.a. auch am Mangel der finalen Objektivierbarkeit des Marketings (sprich an der Irrationalität des Planungsgegenstands 'Mensch'). Dieser Mangel erzwingt es geradezu, ihn mit eigenen Vorstellungen und Erklärungsmodellen zu füllen - ein völlig natürlicher und alltäglicher Vorgang.
Die Grenze der Seriösität
wird jedoch überschritten, wenn diese Modelle jenseits nachvollziehbarer Plausibilität als "methodisch absolut", "objektiv" und "einzig richtig" behauptet, gar qua Einfordern des Respekts vor disziplinarischer (also sachfremder) Autorität durchgesetzt werden. Wenn Standpunkte motivatorisch "ungesund" unterlegt sind, mit Eigenprofilierungen, Unaufrichtigkeit, Ängsten, Machtansprüchen, Übervorteilungen, Großtuerei. Wo solches beginnt, ist nicht immer leicht zu orten - wenngleich die Suche äußerst lohnt:
Gesunder Menschenverstand
Denn exakt an dieser Stelle begeht das Marketing seine meisten und schwersten Fehler. (Wieviel Verwissenschaftlichung allein dazu dient, solch ungesunde Irrationalitäten von Marketingleuten auszuschalten, ist wissenschaftlich nicht belegt).
"Gesund" meint also, sich selbst zu entwickeln und mehr auf sein eigenes Gefühl zu achten. Den eigenen gesunden Menschenverstand einzusetzen. Sich z. B. die Frage zu stellen, ob man vom aktuellen Marketingprojekt selbst so behandelt sein möchte, wie man es gerade für andere plant ... Plötzlich erhalten Sie viele Antworten.
Ganz gleich, wie akademisch man Marketing betrachtet und welcher seiner vielen Definitionen man folgt - alles mündet in einem einfachen Kern: der Gestaltung von Beziehung zwischen Menschen und Dingen.
Ob "aktivitätsorientiertes", "beziehungsorientiertes", "führungsorientiertes" oder "integratives" Marketing -
ob man sich ihm verkaufsorientiert-mechanistisch nähert ("4P - Product, Price, Promotion, Place") oder
intellektuell-philosophisch (Kotler, Meffert, Drucker, u.v.a.):
In aller Zentren steht die "Befriedigung von Wünschen" (materielle und immaterelle).
Damit ist Marketing eine zutiefst menschliche und menschelnde Disziplin,
bei der menschliche Herzensbildung, Empathie und Reife durchaus höhere
Bedeutung und Richtlinienkompetenz erlangen können als akademisches Wissen.
Mehr dazu:
siehe z.B. Wikipedia/Marketing)
Betrachtung Markt und Möglichkeiten, eigene Voraussetzungen (Strukturen, Portfolios, Kapazitäten und Kompetenzen, usw.) | Wettbewerbsverhalten | Marktforschung | Sichtweisen-Sammlung | Trends | Finden von Gründen und kausalen Zusammenhängen | u.v.a.m.
Entwicklung Verhaltensideen und -optionen | Guidelines | Positionierungen | Maßnahmenplanung | u.a.
USP-Präzisierungen (Alleinstellungsmerkmale von Unternehmen/Produkten) | kausale Ketten, z. B. für Verkaufsargumentationen, Präsentationen | Krisenkommunikation | u.a.
10 Beispiele siehe unten | weitere auf anderen Themenseiten.
Sockelleisten für Fußböden:
Selbstverständliches erhält neue Wichtigkeit
für Döllken Weimar
Ausgangslage:
a) Tertiärprodukt, b) eher ein Muss / low interest, c) starker Wettbewerb
Strategie:
Gewohntes, Selbstverständliches durch Absurdes, Eigenwilliges durchbrechen / neue Aufmerksamkeit
Pro-Argumente:
bisher: Ästhetik, Montage-Einfachheit | neu: Kreativität, Lebensart
Zielgruppen:
Consumer, Fachhandel, internes Management und Verkauf
Medien:
Website, Wandtapete, Messeposter
Effekt:
neues kreatives Selbstverständnis statt defensives Muss-Zubehör
"Genossenschaftlich Wohnen - mehr als normal"
für die Wohnbaugesellschaft Gemibau
Strategie:
Transformation eines konservativen Themas aus den 50er-/60er-Jahren in eine aktuellere, zeitgeistigere Szene
Pro-Argumente:
Siehe Anzeigentext.
Zielgruppen:
Studenten & Co., junge Paare/Familien als (Wohn-)Style-Opinion Leader
Medien:
Stadt-/Szene-/Kulturmagazine, Plakate und Postkarten
Effekt:
Akzeptanz-Transfer auf breiteres Publikum
Offensive Wettbewerber-Abgrenzung für Forstkrane
für Loglift Jonsered, Salo, Finnland
Strategie:
Offensive Thematisierung des hohen Preises
Pro-Argumente:
Hohe Produktqualität, Einsatz-Zuverlässigkeit, Robustheit, Langlebigkeit.
Zielgruppen:
Forstbetriebe, Kommunen, Stadtwerke, usw.
Medien:
Fachmedien für Forstwirtschaft, Messeposter, Flyer
Effekt:
Übertragung auf gesamtes Unternehmensimage
WELTMEISTERSCHAFT
ZDF "WETTEN DASS ..."
Inspiriert von der Holzlade-Weltmeisterschaft in Helsinki entwickelten wir für die TV-Sendung folgende Wettidee:
"Wetten, dass Hannu Heinonen einen voll beladenen Holzlaster schneller entladen kann, als ein leerer Holzlaster einen beladenen auf der Autobahn bei voller Fahrt überholen."
Eine unglaubliche Wette: ein Kranführer in der Halle live gegen zwei LKW-Fahrer auf der Autobahn! Nicht zu gewinnen? Doch! Denn als leidgeprüfter Autobahnfahrer wissen Sie nur zu gut, wie ewig lange es dauern kann, bis zwei LKWs ihr Elefantenrennen endlich beendet haben ... Einen Holzlaster entladen hingegen dauert keine 3 Minuten.
Diese sicher sehr telegene Wette wäre im Loglift-Marketing der Clou gewesen. Leider kam es aus bekannten Gründen nicht mehr dazu.
Abgepacktes Brot: Alleinstellung durch Markenprofil
für die dato neue LEH-Marke Neo Bakery
Strategie:
Exakt wie das Produkt: Keine Schnörkel, wenig Worte, keine geschönten Mood-Fotos, klare Ansagen auf den Punkt.
Pro-Argumente:
100 % bio, aus Getreide, Wasser, Salz und Liebe zum natürlichen Backen.
Zielgruppen:
Alle, die sich davon angesprochen fühlen.
Medien:
Packungen, Anzeigen, die ganze Range.
Effekt:
Unique selling propositon gegenüber einer Vielzahl von Wettbewerbern.
Stricknadeln: Revolution nach 1200 Jahren
für Prym Consumer Europe
Strategie:
Transfer der technischen und ästhetischen Produkteigenschaften/-besonderheiten auf den Kommunikationsstil
Pro-Argumente:
"Stricken 3.0" - patentierte Neuerfindung der Stricknadel
Zielgruppen:
Menschen, die Stricken
Medien:
Messen, Packaging, Displays, Web, Print, usw.
Effekt:
Sensationell: Kompletter 1-Jahres-Kontingentverkauf noch vor Produktion.
Das Konzept "180°".
weil Kliniken keine Wohlfühl-Hotels sind
für die 4 Oberschwabenkliniken
Erstaunlicherweise ganz gegen die Regel: Ärzte als prominent-zentrales Argument für eine Klinik | (Abb.: Website-Beispiele)
Strategie:
Klinikentscheidungen von Patienten orientieren sich stets am Vertrauen in Einzelpersonen.
Pro-Argumente:
Persönlicher Kontakt, Zuwendung, Kompetenz
Zielgruppen:
Jeder, der krank werden kann
Medien:
Internet, Printmedien, Events, Architektur, CD
Effekt:
Gegenposition zum institutionell bzw. materiell argumentierenden Wettbewerb (Apparate, Zimmer, usw.). Deutlich positive Resonanz der Öffentlichkeit, steigende Fallzahlen.
Vom Baumarktartikel-Hersteller zum Designpartner
für Wagner Lahr
Strategie:
Historisch bedingt technische Argumentation wurde verlagert auf Designkompetenz
Pro-Argumente:
neuentwickelte eigene Produktdesigns (Start mit Rondo und Metris, Abb. oben)
Zielgruppen:
Erweiterung Baumärkte um zweiten Kanal Möbelhersteller
Effekt:
nachhaltigere Marktposition, Entfernung vom reinen Preiswettbewerb, zweiter Vertriebsweg
Sprudelkästen triggern Gesellschaftsthema
für Göppinger Mineralquellen
"Kann man sowas heutzutage tragen?"
"Aber locker!"
Spiel mit den Konventionen und Rollenbildern: Göppinger-Sprudelkästen jetzt mit PET-Flaschen: leichter als mit Glasflaschen
Strategie:
Wen interessiert Mineralwasser mehr als Gesellschaftsfragen?
Pro-Argumente:
PET-Flaschen sind leichter
Zielgruppen:
MineralwassertrinkerInnen in Schwaben
Medien:
Anzeigen, City lights
Effekt:
Kunde wollte seine Flaschen größer im Mittelpunkt - "bitte Neuvorschlag"
durch Image-Aufwertung eines Service-Wettbewerbs
für Mittelbadische Presse
Uptrading eines Konzeptes zur Steigerung des Anzeigenumsatzes einer Tageszeitung: Veranstaltung eines Service-Wettbewerbes unter lokalen Einzelhändlern | (Abb.: Cover der Motivationsbroschüre)
Strategie:
Deutliche Aufwertung des verlagsseitig von Dritten eingekauften Konzeptes "Service-Weltmeisterschaft"
Pro-Argumente:
Hochwertiges Selbstbild der Teilnehmer
Zielgruppen:
Lokaler Einzel-/Fachhandel und dessen Kunden, Tageszeitungsleser
Medien:
Anzeigen, Internet, Plakate
Effekt:
Höchste Beteiligung aller vom Drittanbieter an TZ-Verlage verkauften/durchgeführten "Service-Weltmeisterschaften". Wiederholung des Wettbewerbs im Folgejahr unter dem Motto "Experten-Tipps".
Werbung für Ausbildung im Landratsamt
für Landratsamt Ravensburg
Foto oben: Can Stock
"Für die wirklich schrillen Fotos in deiner Facebook-Galerie":
Strategie:
Real-Horror im Büro - krasser als Stromberg. Gesprächsthema für Jugendliche.
Pro-Argumente:
Wirklich keine.
Zielgruppen:
Schulabgänger mit Interesse an Verwaltungsberufen. Slogan: "Von Amts wegen öffentlich".
Effekt:
Blieb in der Schublade. Konzept nicht umgesetzt.
Die Kunden machen die Werbung (b2b)
für Wieland-Werke, Ulm
Foto oben: Wieland
Die Wieland-Werke sind weltweit viertgrößter Hersteller von Messing- und Kupferhalbzeugen
Videodokumentation mit weltweit geführten Kundeninterviews, z.B. Christofle-Tafelwaren Paris, Boosey & Hawkes Instrumentenbau Liverpool, Kosmetik-Dosen L'Oreal, Lippenstifte Estee Lauder, Staatliche Münze Oslo, Mikrochip-Herstellung in Singapur und USA usw.
Strategie:
Die Wieland-Kunden definieren das Image von Wieland (Testimonials)
Pro-Argumente:
werden von Wieland-Kunden aus den verschiedensten Branchen formuliert
Zielgruppen:
Kunden, bisherige und neue
Medien:
Video-DVD, Internet, Präsentationen > Transfers auf Printmedien
Effekt:
Jahrelang modular weitergeführtes Dialogprojekt mit Kunden
CITY-ENTERTAINMENT
dargestellt am scheinbar kleinen Beispiel der Teilnahme an einer Fussgängerzonen-Aktion der City-Partner mit ca. 40 bemalten Kühen - stellvertretend für ein grundsätzliches Verhaltenskonzept und damit auch übertragbar auf weit größere Projekte
für Offenburger Tageblatt
Foto oben: Südwestpresse
"Wir betrachten die Dinge von allen Seiten - Offenburger Tageblatt"
Strategie:
Wenn 1.) alle anderen 2.) bunt bemalten Kühe 3.) stehen, dann fällt nur noch 1.) eine 2.) einfarbige, 3.) umgedreht liegende auf.
Pro-Argument (= Slogan):
"Wir betrachten die Dinge von allen Seiten - Offenburger Tageblatt"
Zielgruppen:
stadtbummelnde Fußgänger, potenzielle Zeitungsleser
Siehe auch bei ...